Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe unseres Blogs. Die neue Regierung versprach in ihrem Koalitionsvertrag Entlastung sowohl für Pflegekräfte wie Pflegebedürftige. Theoretisch sorgen die Ankündigungen der Lohnsteigerung einem Pflegebonus für positiven Schwung. Die kommende Impfpflicht sieht sich dagegen Kritikern und Befürwortern gleichermaßen entgegengesetzt. Doch wie könnten die Auswirkungen auf den Personalmangel wirken? Wir blicken heute hinter die kommenden Beschlüsse und die möglichen Folgen.

Lohnsteigerung für Pflege- und Betreuungskräfte auf Kosten der Pflegebedürftigen?

Die Löhne für Pflege- und Betreuungskräfte werden ab September deutlich mehr Geld verdienen. Insgesamt sei eine Steigerung zwischen 10 und 30 Prozent der Fall, so dass eine ungelernte Pflegekraft knapp 3.000 Euro brutto verdienen würde. Insgesamt wird durch diesen Beschluss die Argumentation hinsichtlich eines schlechten Verdienstes innerhalb der Altenpflege aufgeweicht. Doch gibt es auch Verlierer? Der Marktexperte und Sprecher der „Ruhrgebietskonferenz Pflege“ Thomas Eisenreich sieht im Interview mit CareKonkret die Leidtragenden der Lohnsteigerung für die Pflegenden insbesondere bei Pflegebedürftige. Pflegeberufstechnisch vermerkt er eine deutlich steigende Attraktivität und positive Auswirkung für die Pflege. Zur Folge hat dies dagegen, dass aus den steigenden Gehältern ein höherer Pflegesatz resultiert, der von den Pflegebedürftigen „direkt aus der eigenen Tasche“ bezahlt werden müsse.

Eine Entlastung für Menschen mit Pflegebedarf rückt damit in weitere Ferne, nachdem sich diese ohnehin bereits mit steigenden finanziellen Kosten konfrontiert sehen. Die Auswirkungen wären insbesondere für die ambulante und 24-Stunden-Pflege eklatant. Durch die steigenden Kosten könnte dies unumgänglich den grauen Arbeitsmarkt fördern. Doch auch in stationären Einrichtungen werden sich nach Thomas Eisenreich die Eigenanteile um 30 bis 45 Prozent erhöhen. Zur Abfederung fordert er deshalb von der Politik, im besten Falle bis zum 01.09.2022, eine Anhebung der Sachleistungsbudgets. Insgesamt sieht er die Folgen als einen Widerspruch der Zielsetzung aus dem Koalitionsvertrag an, die sich vornahmen, den Eigenanteil zu begrenzen und planbar zu machen.

Dem Thema der 24-Stunden-Pflege und deren Finanzierung haben wir in der Vergangenheit bereits einem Artikel gewidmet, über den Link können Sie ihn noch einmal nachlesen. Damals warnten wir bereits vor steigenden Kosten und deren Auswirkungen für Pflegebedürftige und Pfleger*innen, die über den grauen Markt angeworben werden.

Wird die 24-Stunden-Pflege unbezahlbar? Blog-Beitrag vom 30.09.2021

Ungleichmäßiger Pflegebonus?

Der Pflegebonus kommt! Karl Lauterbach betonte, dass dieser zur Hälfte für Pflegende in Krankenhäusern und der Langzeitpflege verwendet wird. Durch den Koalitionsvertrag wurde ersichtlich, dass die neue Regierung einen umfassenden Pflegebonus einführen möchte. Nun wurde deutlich, wer diesen erhalten soll. Das Bundesministerium für Gesundheit gab an, dass jene, die im Zeitraum vom 1.11.2020 bis zum 30.06.2022 für mindestens 3 Monate altenpflegerisch tätig war oder noch immer ist, den Bonus in Anspruch nehmen dürfen. Dennoch gibt es vonseiten der Pflegebranche Kritik an dem von Karl Lauterbach vorgestellten Eckpunktepapier.

Die Stiftung Patientenschutz gab zu bedenken, dass „[…] von den in Aussicht gestellten 3.000 Euro […] am Ende nur ein Sechstel in der Altenpflege an[kommt].“ In der Tat würden Altenpflegekräfte gerade einmal 550 Euro als Pflegebonus erhalten. Die Pflegeratspräsidentin Christine Vogler mahnte zu Bedenken ob einer Spaltung unter den Pflegenden und einer Ungleichverteilung der Prämie. Verdi kritisierte insbesondere die nach ihren Angaben zu geringe veranschlagte Betrag von einer Milliarde Euro. Des Weiteren sehen sich andere Gruppierungen wie die Ärzteschaft vernachlässigt und fordern ebenfalls einen Anspruch auf den Pflegebonus. Karl Lauterbach betonte gegenüber dem ZDF, dass es bei einem einmaligen Pflegebonus nicht bleiben soll und eine gerechte Verteilung ist unumstößlich, damit jeglicher Bereich ihren verdienten Anteil erhält.

Kommt es zu einer Verschärfung des Personalmangels durch die Impfpflicht?

Durch die im Juni vergangenen Jahres verabschiedete Pflegereform sollte insbesondere der Personalmangel durch die Neuverteilung des Personalschlüssels zu einer positiven Entwicklung führen. Wir stellten zu dieser Zeit bereits erste Zweifel an der Umsetzungsfähigkeit auf. Dabei war es vor einem Jahr bereits kein Geheimnis, dass der Fachkräftemangel vor allem seit dem Beginn der Corona-Pandemie enorm gestiegen ist. Das Job-Portal Indeed analysierte anhand einer Umfrage, wie sehr sich die Situation bis heute zugespitzt hat. Sie kam dabei zu dem Schluss, dass die Zahl der ausgeschriebenen Jobs im Pflegebereich deutschlandumfassend um 44 Prozent anstiegen.

Die Impfpflicht könnte die Situation noch weiter verschärfen. CareKonkret verweist auf die unterschiedliche Herangehensweise der Einrichtungen zu dem Thema. So wurde in einigen Fällen eine Impfpflicht bereits im vergangenen Jahr eingeführt oder ungeimpfte Mitarbeiter freigestellt, um diese zu einem späteren Zeitpunkt wieder einsetzen zu können. Hintergrund ist die Vermeidung eines dauerhaften Verlusts von Fachkräften. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Einrichtungen final entscheiden und ob es eine Kündigungswelle geben wird oder nicht. Der Problematik des Personalmangels tut dies jedoch unter Umständen keinen Gefallen und es bleibt zu hoffen, dass sich die Situation nicht weiter verschärft.

Man erkennt einen deutlichen Willen der neuen Regierung, die Situation der Pflegebranche zu verbessern. Die Pläne zur Lohnsteigerung und ein Pflegebonus werden den Beschäftigten mehr Anerkennung schenken. Noch ist kein Meister vom Himmel gefallen und Nachbesserungen wird es immer geben. Dennoch müssen alle Risiken durchkalkuliert werden, damit am Ende keine Partei schlechter dasteht als vorher.