Herzlich willkommen zurück zu einer neuen Ausgabe unseres Blogs. Für viele pflegebedürftige Menschen ist die 24-Stunde-Pflege bereits zum Alltag geworden. Nach einer Studie des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums beschäftigen allein zwischen 13.350 und 18.500 Familien aus dem Bundesland eine private 24-Stunden-Pflegekraft. Die Vorteile, eine Pflegekraft nicht nur zu beschäftigen, sondern bei sich wohnen zu lassen, sind in der Tat nachvollziehbar. Dennoch ergab sich insbesondere im Bereich der Finanzierung Ebensolcher ein immer größer werdendes Problem. Wir werden in dieser Ausgabe die Hintergründe dazu einholen und aufdecken, in welchen Aspekten nachgebessert werden muss.

Zunächst ein paar Hintergründe. Das durchschnittliche Netto-Einkommen der Betreuungsperson beträgt 1.175 Euro. Dazu muss man bedenken, dass die Person i.d.R. freie Kost und Logis erhält, wodurch ein Brutto-Einkommen von ca 2.000 Euro/Monat entsteht. Die durchschnittliche Arbeitszeit wird mit 45:31h pro Woche berechnet. Hierbei muss man berücksichtigen, dass die Betreuungsperson 24 Stunden am Tag Bereitschaft hat. Zur Finanzierung können pflegebedürftige Zuschüsse beantragen, um einen Teil der Kosten zu decken. Die Möglichkeiten erstrecken sich über die private Einstellung, wodurch die zu pflegende Person zum Arbeitgeber wird, der Vermittlung durch eine entsprechende Agentur bis hin zu selbstständigen Pflegekräften.

„Bisher war der Bremser in dieser Frage, das zu regeln, nicht das Bundesministerium für Gesundheit.“ Jens Spahn (CDU), Bundesgesundheitsminister auf die Frage, warum die Probleme nicht eher angegangen worden sind

Das Bundesarbeitsgericht urteilte im Juni diesen Jahres, dass auch bei häuslichen 24-Stunden-Pflegenden der Mindestlohn gezahlt werden müsse. Dies gelte sowohl für die regulären Arbeitszeiten wie der Bereitschaft. Folge dessen lässt sich nur schwer ermitteln, welche Tätigkeiten zu einer Bereitschaft oder der Freizeit gehören. Der Schwarzmarkt nimmt dadurch zu, so dass zum heutigen Zeitpunkt bereits bis zu 300.000 Menschen unter der Hand arbeiten. Experten argumentieren, dass durch das Urteil und keiner genauen Definition und Regelung der Arbeitszeiten und Inhalte die Kosten die Möglichkeiten vieler Pflegebedürftiger überdehnen. In Zukunft wird eine 24-Stunden-Betreuung für die meisten nicht mehr finanzierbar sein. Bereits heute kommt es als Konsequenz vor, dass schlechter ausgebildete Pflegekräfte eingestellt werden, weil diese günstiger arbeiten. Dies ist jedoch für beide Seiten kontraproduktiv, da die Pflegenden eine Pflege auf hohem Niveau benötigen und verdienen, gleichzeitig die Ausbeutung der Pflegekräfte toleriert wird.

„Das ist eine Aufgabe der Pflegepolitik und der Pflegeversicherung, die stärker werden muss.“ Hubertus Heil (CDU), Bundesarbeits- und Sozialminister

Das Problem besteht nicht seit gestern, dennoch wurde die Politik erst durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes aktiv und scheint sich darüber hinaus nicht einig zu sein, wer dafür verantwortlich ist. Eine Einführung des Mindestlohnes ist ein solider Schritt hin zu fairer Bezahlung von Pflegekräften. Dagegen ist jedoch zu fragen, warum erst das Gericht tätig werden musste, um bei der Bezahlung für Klarheit zu sorgen und die offensichtlichen Probleme aufzudecken. Die Pflegepolitik muss dahingehend für Nachbesserungen sorgen! Zum jetzigen Zeitpunkt werden die Arbeitszeiten zwar i.d.R. vertraglich festgehalten, die jedoch Raum für Ausbeutung lassen. Vor allem bei ausländischen Arbeitskräften ist dies oftmals der Fall. Diese sind bei einer ausländischen Vermittlung beschäftigt, beziehen den nationalen Mindestlohn bei einer vertraglich festgelegten Arbeitszeit von 40 Stunden oder weniger. Nicht berücksichtigt ist hierbei, wie bereits erwähnt, die Bereitschaft, die im Sinne des Bundesarbeitsgerichtes aber künftig mit einberechnet werden muss.

Video-Beitrag des ZDF zu den Auswirkungen des Urteils des Bundesarbeitsgerichtes

Sofern in der kommenden Legislaturperiode keine klar definierten Regelungen vereinbart werden, sind die Folgen sowohl für die Pflegebedürftigen als auch die Betreuer fatal. Erstere sehen sich steigenden Kosten gegenüber, Zweitere droht die Ausbeutung oder Schwarzarbeit. Die Folge für die Pflegebedürftigen ist bei unüberbrückbaren Kosten der gezwungene Gang ins Pflegeheim. Häufig wird die Pflege nur mit der klassischen stationären oder ambulanten Pflege charakterisiert. Die Pflege ist jedoch deutlich tiefgreifender, wie dieses Beispiel zeigt. 24-Stunden-Pflege muss klar definierte Regelungen erhalten, die sowohl eine gerechte Bezahlung wie Arbeitsbedingungen beinhaltet. Wir werden die Thematik weiter im Auge behalten und euch hier über Neuerungen berichten.

Bis dahin alles gute!