Herzlich willkommen zurück zu einer neuen Ausgabe unseres Blogs. Nachdem im Juni die Pflegereform verabschiedet wurde, haben wir bereits zu diesem Zeitpunkt unsere Einschätzung darüber abgegeben. Mittlerweile ergab eine Studie des Bremer Pflegeökonomen Prof. Dr. Heinz Rothgang im Auftrag der DAK-Gesundheit, dass die Reform auf lange Sicht keine Entlastung für die Pflegebedürftigen in finanzieller Hinsicht darstellen würde. Wir schauen uns die Auswertung der Studie vom 23.08.2021 einmal genauer an.

Ausgangspunkt der Studie stellt die Diskussion über „steigende Kosten und vor allem steigende Eigenanteile in der stationären Langzeitpflege“ dar. Mit dem im Juni verabschiedeten Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) ergab sich eine seichte Reform, die sich vor allem im finanzpolitischen Sektor begrenzt hielt.

„Die Pflegereform 2021 sei nicht geeignet, die Probleme der finanziellen Überlastung der Pflegebedürftigen und ihrer Familien zu lösen. Die neuen Leistungszuschläge führten nur zu einer kurzfristigen Entlastung, begrenzten den weiteren Anstieg der Eigenanteile aber nicht. Nach wie vor sei es unmöglich vorherzusagen, wie hoch der Eigenanteil sein werde, wenn Pflegebedürftigkeit in Zukunft auftritt…“

– DAK-Pressemitteilung vom 25.08.2021

Hier und hier könnt ihr unsere Blog-Beiträge zur Pflegereform noch einmal nachlesen. Wir kritisierten damals die Reform als ein Vorhaben, das ihren Namen nicht verdienen würde. Heinz Rothgang spricht von einer light-variante ursprünglich ambitionierter Versprechungen. Obwohl die Beschlüsse im Bereich der Personalbemessung ein Schritt in die richtige Richtung darstellen, würde dies auf Kosten der Pflegebedürftigen getragen. 

Die Studie argumentiert mit der These, dass der Zuschuss zu den pflegenden Eigenanteilen die Heimbewohner*innen entlasten, jegliche andere Elemente dagegen zu einer Belastung führen würden. Im Nachfolgenden versucht Heinz Rothgang, die steuerlichen Auswirkungen abzuschätzen.

Heinz Rothgang kommt in seiner Studie zu dem Schluss, dass trotz der Pflegereform weiterhin mit unkalkulierbaren Kosten zu rechnen sei. Zwar würde der Anteil der Sozialhilfeempfänger innerhalb der Pflegeversicherung im kommenden Jahr leicht abfallen, in den folgenden Jahren aber weiter dramatisch ansteigen. Insgesamt sei das Gesetz von Jens Spahn nicht nachhaltig, um die Problematik langfristig zu lösen. Der Anstoß für die Pflegereform lieferte u.a. ebendiese Thematik. Doch wird laut Studie bereits 2024 die Sozialhilfequote der stationär versorgten Pflegebedürftigen von 2019 überschritten sein.

Die zulasten einer Begrenzung der Eigenanteile eingeführten Leistungszuschläge zeigen nur eine temporäre Entlastungswirkung. Praktisch wird zukünftig nun doch der größere Teil der Kosten für eine bedarfsgerechte Personalausstattung bei angemessener Bezahlung durch die Eigenanteilszahlungen der Pflegebedürftigen getragen. Dies führt zu einer mittelfristig weiter steigenden Anzahl von Pflegebedürftigen, die auf subsidiäre Sozialhilfeleistungen angewiesen sind.“

– Zusammenfassung der DAK-Studie

„Der politische Handlungsbedarf bleibt unverändert hoch. Pflege darf kein Armutsrisiko sein. Deshalb gehört bereits in der ersten Hälfte der kommenden Wahlperiode eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung auf die politische Agenda.“

– DAK-Vorstandschef Andreas Storm

Wir haben bereits im Juni von der unzureichenden Reichweite der Pflegereform gesprochen. Nachdem im Personalbereich dürftige Reformen geschaffen wurden, zeigt die Studie die übergreifenden Schwächen auf. Das Problem der Pflegebedürftigen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, besteht weiter und wird stärker anwachsen. Nach unserer ersten Abschätzung und in Ergänzung dieser Studie verdient die Pflegereform ihren Namen nicht, weil sie die Probleme nur unzureichend angeht und nicht nachhaltig gestaltet ist. Darüber hinaus muss sich intensiver mit den Problemen innerhalb der Pflegebranche beschäftigt werden, damit nach einer Regierungszeit von vier Jahren ein allumfassendes Gesetz in Kraft treten kann. Alles andere hat die Pflege nicht verdient.
Wir werden uns auch weiterhin mit der Pflegereform beschäftigen und weitere Studien begutachten.

Bis dahin alles gute!

 

Auswirkungen der Regelungen des GVWG auf die stationären Pflegekosten und ihre Aufteilung – Expertise im Auftrag der DAK-Gesundheit

Anmerkung: Die Grafik und der Infotext entstammen der o.g. Studie