Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe unseres Blogs. Das Jahr ist noch frisch und so mancher blickt hoffnungsvoll auf das Jahr 2022, nachdem das Vorherige gekennzeichnet war durch die fortdauernde Pandemie und der Wahl einer neuen Regierung. Insbesondere die Pflege erhoffte sich eine merkliche Veränderung im positiven Sinne, sowohl in Form digitaler Neuerungen sowie eine bessere Bezahlung bei gleichzeitiger Entlastung. Gibt es für das Jahr 2022 Grund zur Hoffnung oder überwiegt die Ernüchterung?

Wie ist der Status der Pflege zu Beginn des Jahres 2022?

Die Unzufriedenheit innerhalb der Pflegebranche ist kein Geheimnis. Nachdem die vergangene Regierung versuchte, mit der Pflegereform eine Besserung herbeizuführen, kam relativ schnell Kritik an ebendieser auf. Wir betitelten die Reform als „Pflegereform-light“ mit der Begründung, sie gehe nicht entschlossen und weit genug, um für spürbare Änderungen zu sorgen. Und nach wie vor sind Pflegekräfte unzufrieden: Laut einer Umfrage der Alice Salomon Hochschule (ASH) gaben 40% der Befragten an, mindestens einmal im Monat mit dem Gedanken zu spielen, den Pflegeberuf zu verlassen. In einer Branche, in der händeringend nach qualifizierten Nachwuchs gesucht wird, ergibt dies kein positives Signal. Die Ampel-Koalition versprach „mehr Fortschritt“, doch wie muss dieser konkret aussehen? Ein erster Schritt hierzu stellt zumindest die tarifliche Entlohnung von Pflegepersonal ab dem 01. September 2022 dar. Folgend werden nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen, die ihr Pflege- und Betreuungspersonal nach Tarif oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen bezahlen. Ein guter und wichtiger Schritt – doch lange nicht genug!

Der Direktor des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung erörterte gegenüber SpringerPflege, welche Maßnahmen für eine zukunftsgerechte Pflege angewendet werden müssen. Dazu verwies er auf die Etablierung eines Masterplans für die Pflege, die insbesondere die Expertise der Pflegewissenschaft mit einbezieht – ein Vorgang, der vor allem von FDP und Grünen im Wahlkampf versprochen wurde. Darüber hinaus müsse das Vorhaben auf dem „Stand von Wissen und Technik basieren und fachlich bestimmt sein.“ Zu Letzterer ließ sich in den bisherigen ersten Monaten noch keine Ankündigungen seitens der Regierung erkennen und dies, obwohl die Pflege dringend neue Standards im Bereich der Digitalisierung benötigt.

Vorbild Baden-Württemberg?

Wie eine andere Möglichkeit aussehen könnte, zeigen die Grünen in Baden-Württemberg, nachdem ein pflegerisches Sofortprogramm beschlossen wurde, um für eine Garantie zur guten Pflege zu sorgen. Inhaltlich sieht das Programm als wichtigsten Punkt die Entlastung der Pflegekräfte vor, die vor allem durch eine durchdachte und attraktiv gestaltete Nachwuchsförderung erreicht werden soll. Grundpfeiler hierfür seien eine dialogoffensive Pflege zur Gewinnung neuer Auszubildender, eine Fachkräfteoffensive für sozial- und Gesundheitsberufe und ein verstärktes Anwerben von ausländischen Pflegefachkräften. Weiter wird eine Förderung der digitalen Möglichkeiten wie technische Innovationen und digitale Potenziale erörtert, auch wenn dieser Punkt noch sehr knapp ausfällt. Die Errichtung einer Pflegekammer sowie ein effizientes Programm zum Wiedereinstieg und Verbleib im Pflegeberuf sind ebenfalls aufgelistet. Das Sofortprogramm zeugt inhaltlich zumindest von einem Fortschritt, so wie es die Regierung bundesweit versprach. Nun prescht Baden-Württemberg auf eigene Faust los und könnte bei einem Erfolg als Vorbild für den Bund dienen – was einem Versagen der Bundesregierung gleichkäme. Schließlich wollten sie mit einem guten Beispiel vorangehen und für Innovationen sorgen und nicht von einem Bundesland abgucken. Wir behalten die Entwicklungen im Auge und hoffen auf einen positiven Effekt für die Pflegebranche.
Wer sich selbst das pflegerische Sofortprogramm des grünen Landtages von Bande-Württemberg durchlesen möchte, kann hier das Positionspapier einsehen.

Covid-19 und die Pflege

Insbesondere die Pflegebranche leidet unter der herrschenden Pandemie und noch ist kein Ende in Sicht. Für Unruhen sorgten die Vorgaben, nach der eine Impfpflicht für Pflegemitarbeiter diskutiert worden war. Viele sahen sich durch diese Maßnahme in die Enge getrieben und hinterfragten die Einseitigkeit dahinter. Warum sollte es eine Impfpflicht allein für die Pflegebranche gelten und nicht für alle? Die Pflegebranche fühlt sich bereits im Stich gelassen, nachdem auf großen Ankündigungen nur geringe Taten folgten. Die Pflege schwebt zurzeit in einem Spannungsfeld, dem sowohl Mitarbeiter wie Pflegebedürftigen ausgesetzt sind. Eingedämmte soziale Interaktionen gefährden verstärkt die psychische Belastung beider Parteien. Der Pflegeberuf verlangt zwangsweise eine nahe physische Interaktion mit den Pflegebedürftigen, steht dabei allerdings im Gegensatz zu den Abstandsregeln. Viele Pflegekräfte sehen sich daher nicht mehr im Stande, ihren Beruf mit voller Energie ausführen zu können – neben der ohnehin bereits herrschenden Belastung. Eine Lösung ist kompliziert und erfordert eine ehrliche Diskussion der beteiligten Gruppen und der Politik. Wir hoffen, dass sich die Regierung um Gesundheitsminister Lauterbach den Problemen zeitnah stellt und eine zufriedenstellende Lösung finden wird. Wenn es nach bisherigen Standards weiterläuft, ergibt sich eine negative Aussicht für die Pflegebranche.

Wir sehen, dass es auch in diesem Jahr reichlich Diskussionsbedarf gibt. Wir erhoffen uns handfeste Schritte, um eine zukunftsgerechte Pflege zu ermöglichen. Die Regierung aus SPD, Grünen und FDP darf keine Zeit verschwenden und erneut bis zum Ende der Legislaturperiode warten – so wie es bei der vorangegangenen Regierung der Fall war. Covid-19 wird in diesem nach wie vor das vorherrschende Thema bleiben, doch bietet sich dadurch eine Chance für die Pflege, die genutzt werden muss. Höhere Löhne sind dabei ein erster Schritt, weitere Aspekte wie die Digitalisierung dürfen jedoch nicht aufgeschoben werden.  Das neue Jahr bietet viele spannende Möglichkeiten  und könnte endlich die Weichen für eine gerechte, zukunftsgerichtete Pflege werden. Die Regierung hält alle Karten in der Hand und wir blicken gespannt auf die kommenden Monate.

Bis dahin alles Gute!