Hallo und herzlich willkommen zurück zu einer neuen Ausgabe unseres Blogs. Wozu ist eigentlich eine Pflegekammer gut? Als Körperschaft des öffentlichen Rechts dient sie dazu, die Interessen der Gesellschaft stellvertretend für den Staat wahrzunehmen. Dabei geht es insbesondere darum, nach pflegewissenschaftlichen Erkenntnissen eine sachgerechte und professionelle Pflege anbieten zu können. Dies fließt infolgedessen u.a. in die Pflegeausbildung ein. Demnach stellt eine Pflegekammer sicher, die beruflichen Interessen der Pflegenden zu fördern und auf Bundesebene durchzusetzen. In Nordrhein-Westfalen verabschiedete der Landtag im Juni den Aufbau einer solchen Pflegekammer, deren Etablierung bis März 2022 vollendet werden soll. Gegenwärtig zeichnet sich jedoch großer Widerstand vonseiten der Pflegenden gegen die Pläne ab und die Gewerkschaft Verdi rief zu Protesten auf. Welche Argumente führen die Pflegenden an? Wir beleuchten die Thematik heute genauer!

Eine repräsentative Umfrage der Landesregierung ergab 2019 eine Zustimmung von 79% für die Errichtung einer Pflegekammer. Verdi fordert dagegen eine Vollbefragung aller Pflegenden und verweist auf das demokratische Fundament. Grund dafür ist der Beitrittszwang aller Beschäftigten, unabhängig ob sie für oder gegen die Pläne sind. Dies führt unweigerlich zu Missgunst unter den Betroffenen, die sich eingeengt fühlen. Die Gründe für die Ablehnung waren dabei vielschichtig: Eine Pflegekammer sorgt nicht für bessere Arbeitsbedingungen, sie ist weder für die fachliche Weiterbildung zuständig noch verhandelt sie Tarife oder führt Qualitätsprüfungen in Einrichtungen durch. Diese Aspekte spiegeln jedoch die Hauptprobleme innerhalb der Pflegebranche wider und die meisten Pflegenden sehen sich daher in ihren Interessen nicht repräsentiert. Der Beitrittszwang und der damit verbundene Mitgliedsbeitrag schüren aus diesen Gründen weiteren Unmut.

„Der Personalmangel in der Gesundheits- und Altenpflege ist erdrückend. Wir brauchen umgehend bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitssektor! Die Pflegekammer kann für ihre Mitglieder keine Verbesserungen der Arbeitsbedingungen oder Bezahlung durchsetzen. Das ist und bleibt Aufgabe der Gewerkschaften.“ – Verdi-Landesleiterin Gabriele Schmidt

Der Deutsche Pflegerat argumentiert dagegen, dass eine Pflegekammer das Grundgerüst für eine professionelle Pflege in der Zukunft darstellt. Christine Vogler, Präsidentin des DPR appellierte an die Selbstverwaltungsstrukturen, die eine Pflegekammer mit sich bringen würde und die daraus resultierende Einbindung des Pflegeberufs in berufspolitische Gremien. Der scheidende Gesundheitsminister Jens Spahn verwies ebenfalls auf eine Stärkung des Gemeinschaftsgeistes, der mithilfe einer Pflegekammer einhergeht. Spahn sieht in der Etablierung einer gemeinsamen Kammer ebenfalls den Weg hin zu höheren Löhnen, wie der Deutsche Pflegerat sie schon länger fordert. Die Personallücke sei per Gesetz schwierig zu füllen, die Pflege müsse im Zuge von Tarifverhandlungen mehr Verantwortung übernehmen und bessere Löhne durchsetzen.
Die Argumentation beider Seiten ist nachvollziehbar. Eine gezwungene Mitgliedschaft ohne erkennbaren Mehrwert für den einzeln Pflegenden stößt immer auf Ablehnung. Für den 13. November sind erneut Proteste geplant, dieses Mal in Dortmund. Ob sich aber etwas an den Plänen der Landesregierung ändern wird, ist fraglich. Schließlich bestehen auch in anderen Branchen bereits entsprechende Kammern. Sofern die Etablierung einer Pflegekammer für eine spürbare Verbesserung der Arbeitsbedingungen sorgen kann, wäre dies zu befürworten und ein deutlicher Schritt zu mehr Anerkennung!